Heute vor einem Jahr ist mein geschiedener Mann gestorben und ich denke oft daran zurück. Ich erinnere mich ganz genau an die Wochen davor. Das letzte Mal etwas zusammen unternommen. Das letzte Mal gemeinsam den Sohn besucht. Das letzte Mal gestritten. Das letzte Mal versöhnliche, liebevolle Worte am Telefon. Damals haben wir natürlich nicht gewusst, dass alles das letzte Mal sein würde.
Ich schmiedete damals genau wie in diesem Jahr Pläne für meine Knie-OP und freute mich auf einen Dänemark-Urlaub, bevor die schrecklichen Ereignisse alles andere in den Hintergrund schoben. Vielleicht fühle ich mich darum im Moment so erschöpft. Ich mag mich kaum rühren. Innerlich, meine ich, äußerlich schon. Äußerlich geht alles immer weiter. Es triggert also mal wieder.
Manchmal bin ich sehr traurig. Das Entsetzen, welches mich im letzten Jahr lähmte, ist gewichen. Zum Glück.
Ich fühle es so, als ob ein Teil von ihm noch bei uns ist. Ich spüre ihn und ich weiß, meinen Söhnen geht es ähnlich. Nicht immerzu, aber immer mal wieder. Wir wollen nicht untersuchen, woher dieses Gefühl kommt. Wir leben es einfach.
Ein Sohn hat sein Werkzeug, sein Motorrad und seine Kater übernommen. Er machte einen Motorradführerschein und fährt nun mit der geerbten Maschine spazieren. Mich überkommen ganz seltsame Gefühle, wenn er hier landet und ich so viele Ähnlichkeiten mit seinem Vater entdecke.
Der andere Sohn hat sich seine Plattensammlung und Musikanlage ausgesucht. Er erzählt, dass er neuerdings Geräte auseinanderschraubt, um das Innenleben zu studieren. Das hat sein Vater gemacht und darum konnte er auch fast alles reparieren.
Ich habe neben etlichen Erinnerungsstücken seine Gartendekoration und Topfpflanzen in mein Haus geholt. In diesem Jahr spüre ich ein ganz neue Liebe für meinen kleinen Garten und denke manchmal, dass das ein Geschenk meines Mannes ist. Er war eine leidenschaftlicher Gärtner. Ich hoffe so sehr, dass ich seine Pflanzen lange erhalten kann.
Vor ein paar Wochen entdeckte ich, dass mein „Berliner Sohn“ in einer speziellen Sendung über den Tod unsere Geschichte erzählte. Es ist gut, dass ich das erst jetzt hörte. Ich tauchte noch einmal tief in das Geschehen ein und weinte ein wenig vor mich hin. Ab und zu lächelte ich auch, wenn er so liebevoll von seinem Vater sprach. Es war ein Geschenk, dass ich ihm zuhören konnte. Es war schön zu wissen, dass ich vieles ganz ähnlich erlebte wie er, obwohl ich eine ganz andere Perspektive hatte.
Ich war so gerührt und so stolz auf unser Kind: https://www.podcast.de/episode/388974323/Die+Ratsherren+%2342+–+Ein+Spezial+zum+Tod/
(Geschrieben am 08.08.19 im „Regenbogen“ und heute aktualisiert)
Fühl dich lieb gedrückt, Regine.
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Danke, Nati! Ich bin froh, dass das erste Jahr vorbei ist.
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Es wird leichter, Stück für Stück.
Und zurück bleiben die guten Erinnerungen.
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Ja, es wird leichter, aber nicht nur die guten Erinnerungen bleiben. Unsere Geschichte war nicht so. Auf jeden Fall ist sein Tod jetzt „durch meine Seele gegangen“. Das ist ein gutes Gefühl.
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Wenn mein Kopf mit etwas abgeschlossen hat, träume ich meist davon.
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