Haben oder Sein

Nach über einem Jahr wird in der Volkshochschule wieder ein philosophischer Kursus angeboten. Ich freue mich sehr darüber und hoffe, dass sich genug Menschen anmelden, so dass er auch stattfinden kann. In diesem Semester geht es um „Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft“ von Erich Fromm, 197

Natürlich studierte ich das Buch in meiner Jugend, habe es aber nicht wirklich verstanden. Ich plapperte die Thesen einfach nach, weil es alle um mich herum auch taten. Jetzt will ich es besser machen. Ich besorgte mir das Buch und lese es meist mit hochroten Ohren und großem Erkenntnisgewinn.

Jetzt verstehe ich den Fromm viel besser und seine Ausführungen passen so gut zur Auseinandersetzung mit der „Achtsamkeit“, die wir hier gerade führen.

„1976, vier Jahre vor seinem Tod, erschien mit „Haben oder Sein“ das neben der „Kunst des Liebens“ berühmteste und bedeutendste Buch Erich Fromms,  in dem er Gedankengänge früherer Werke bewußt anschaulich und prägnant resümiert. In seiner Darstellung steht die Existensweise des Habens für die Übel der gegenwärtigen Zivilisation, die des Seins aber für die Möglichkeit eines erfüllten, nicht entfremdeten Lebens. Der Mensch, der nicht mehr vom Haben, sondern vom Sein bestimmt wird, kommt zu sich selbst, entfaltet eine innere Aktivität, die nicht mit purer Geschäftigkeit zu verwechseln ist, und kann seine menschlichen Fähigkeiten wirklich produktiv einsetzen.“  (Klappentext)

Jetzt kann ich mir erklären, warum ich mit einigen Freundinnen besser Urlaub machen kann als mit anderen. Warum mein Bruder und ich so unterschiedlich denken und leben. Warum es mir so gut geht, seit ich nicht mehr arbeiten muss. Warum Trump und all die anderen so mächtig sind. Warum die Atombomben und anderen Waffen nicht entsorgt werden. Warum wir unsere Umwelt zerstören. Warum wir so unachtsam sind.

Ich habe den Verdacht, dass sich Menschen, die mehr im „Sein“ leben als im „Haben“ keine  Gedanken um die Achtsamkeit machen müssen. Sie sind es.

 

 

 

6 Kommentare

  1. Vielen Dank fürs Aufmerksam-machen auf Erich Fromm. Er läuft mir immer wieder über den Weg und ich besitze sogar ein Buch von ihm, dass mir meine Mutter geschenkt hat. Allerdings schaffe ich es maximal 3-4 Seiten am Stück davon zu lesen, weil es dann schon so viele Saiten in mir zum Klingen bringt 🙂

    Dir noch einen wunderschönen Tag!
    Christine

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    • Das kann ich gut nachvollziehen, liebe Christine! Ich ertappe mich beim Lesen oft dabei, dass ich aus dem Fenster schaue und, ja ich weiß nicht, ist das denken? Oder erinnern? Oder nur einfach Gehirn ausruhen? Ich habe zum Glück als alleinlebende Rentnerin alle Zeit der Welt und kann darum größere Abschnitte „Haben oder Sein“ schaffen. Dir einen schönen Abend! Regine

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  2. Liebe Regine,

    ich denke, Dein Verdacht geht in die richtige Richtung. Nicht das Haben, das Besitzen macht uns glücklich, sondern das Sein… und wer das mal begriffen hat, wird feststellen, dass er schon ein gutes Stück des Wegs der eigenen und der Achtsamkeit gegenüber anderen gegangen ist… Daran hat sich auch viele Jahre nach Fromms Werk nichts geändert.

    Liebe Grüße
    Thomas

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    • Guten Morgen Thomas, das kann ich aus eingener Erfahrung bestätigen.
      So wie ich es verstanden habe, geht es hauptsächlich um die innere Einstellung. Man kann im „Haben“ leben, wenn man wenig hat und umgekehrt im „Sein“, wenn man reich ist. Unsere Welt ist so, wie sie ist, weil allgemen das „Haben“ im Vordergrund steht. Ich wundere mich, dass die Entwicklung schon so lange bekannt ist, es (fast) jeder Erwachsene irgendwie weiß und alle munter so weiter
      machen. Weil ich es früher nicht verstand, erkenne ich dies heute erst so richtig mit allen Konsequenzen. Ich frage mich, ob die Entwicklung umkehrbar ist oder ob wir schon mitten in der großen Katastrophe stecken. Wobei natürlich viele Menschen ihre Einstellung geändert haben, aber das nützt dem Großen und Ganzen nichts.
      Dir einen schönen Tag und liebe Grüße! Regine

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      • Solange es Menschen gibt, die ihre Einstellung zu Haben und Sein zumindest überdenken und dann konsequenterweise auch ändern sollten wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Welt doch ein wenig besser werden kann.
        Ich mache zur Zeit sehr viele solcher Erfahrungen weil ich seit Januar beruflich mit einer ganz anderen Kultur konfrontiert werde. Eine schöne und lehrreiche Erfahrung. Ich werde noch darüber berichten, welche Reise ich gerade mache…

        Liebe Grüsse
        Thomas

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